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400 Jahre Pfarrei Alfter
Ausstellungseröffnung

28. April 2024, 10:30 Uhr

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Haus der Alfterer Geschichte
Haus der Alfterer Geschichte

Ausstellung im Haus der Alfterer Geschichte 2021

Sein & Schein - Widersprüchen einer militaristischen Gesellschaft auf der Spur 

Das Konzept zur Ausstellung im Herbst 2021
Sein und Schein war das Thema des Denkmaltages 2021.
Dabei sollte es im Kern um Täuschung und Illusion in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege gehen. Deckenmalereien in Schlössern und Kirchen, die Tiefe, Ausblick oder Dreidimensionalität vortäuschen, sind nur ein Beispiel für viele. Der Förderverein Haus der Alfterer Geschichte e.V. hat dieses Thema in eine geschichtliche Dimension übertragen.
„Der Schein trügt“
ist ein altbekanntes Sprichwort. 
In vielen Bereiches des Alltags sowie auf gesellschaftlicher und politischer Ebene wer-den wir oft mit einer „vorgetäuschten“ Wirklichkeit konfrontiert. Nicht erst seit dem Sieges-zug der Social Media mit ihren „Fake News“, ihren gefälschten Nachrichten, müssen wir unsere Wahrnehmung ständig überprüfen. Sehen, erfassen wir Wirklichkeit oder lassen wir uns von (unseren eigenen) Illusionen täuschen?
Diesem Widerspruch von Sein und Schein wollten wir in der Herbstausstellung 2021 anhand von einigen Beispielen aus der Geschichte und dem Alltag der Menschen hier in Alfter nachgehen. 

 

 

Im Glanz der Orden – Der Schein der Unbesiegbarkeit
Im Archivbestand des Hauses der Alfterer Geschichte befinden sich zahlreiche militäri-sche Devotionalien aus der Preußenzeit und der Zeit der beiden Weltkriege. 
Orden und Waffen, Kriegsgedenkmünzen und Gruppenfotos von Kameraden in Uniform, Postkartenidylle und Heldengedenken vermitteln Glanz und Gloria, beschwören Tapfer-keit, Gemeinschaft und Vaterlandsliebe.
Und sie haben mehr als einmal ein ganzes Volk manipuliert.

 

Die Kehrseite der Medaille
Der Schein von Unbesiegbarkeit führte in die Materialschlacht des 1. Weltkrieges.
- Gefallene Söhne, Väter, Ehemänner und Freunde
- Kriegsgefangene, verstorben fern der Heimat
- Traumatisierte Soldaten
- Wirtschaftliche Sanktionen der Siegermächte
- Armut und Verzweiflung
Zurück blieb ein in seinen Grundfesten erschüttertes Volk.

 

Die Ausstellungselemente

Für die Ausstellung wurden erstmalig unsere fünf neuen Zeitsäulen verwendet, die im Frühjahr und Sommer 2021 von Heiner Bollig und Thomas Gebbing für den Verein ge-baut wurden. Im Gegensatz zu unseren „Zeitinseln“ sollen sie nicht festgelegte Zeiträu-me dauerhaft dokumentieren und mit entsprechenden Artefakten und Informationen be-stückt werden, sondern flexibel für unterschiedliche Themen und Präsentationen ver-wendet werden. Dank der Magnetbeschichtung ihrer Oberflächen können Texte und Fo-tos problemlos ausgewechselt werden. Die Zeitsäulen ermöglichen den Einsatz von digitalen Darstellungsformen wie Film-, Audio- und PowerPoint-Präsentationen, da sie direkt für die Ausstattung mit Computern und Bildschirmen konzipiert sind. Von diesen neuen Möglichkeiten wurde in der Ausstellung bereits reichlich Gebrauch gemacht. 
Mit Hilfe dieser neuen Wandelemente konnte der Ausstellungsraum für die Präsentation der Thematik in zwei Hälften geteilt werden. Die eine Seite war dem vordergründigen Schein von Glanz und Gloria gewidmet, während die Rückseite die grausamen Realitä-ten und gesellschaftlichen Auswirkungen des Militarismus des 19. und 20. Jahrhunderts vorbehalten war. In dieser Konzeption kam die Ausstellungsüberschrift „Sein & Schein“ auch räumlich zum Tragen.

 

Szenische Darstellungen

Für die Ausstellungseröffnung am 12. September 2021 konnte der in Alfter ansässige Geschichtspädagoge und Geschichtsakteur Kai-Ingo Weule gewonnen werden, der die Widersprüche der Zeit des 1. Weltkrieges in zwei szenischen Darstellungen lebendig werden ließ. Als Bornheimer Reservist Friedrich Schmitz (dessen Existenz belegt ist) ließ er die Zuschauer teilhaben an der Kriegsbegeisterung der jungen Soldaten, die ihrem Einsatz entgegenfiebern, um dann in ergreifender Weise die Auswirkungen des Überlebenskampfes an der Front zu schildern, die Konfrontation mit Tod der Kameraden, mit Giftgaseinsätzen, Trommelfeuer und mangelnder Versorgung. 
Zentrum der ausgearbeiteten Ausstellung standen die im Frühjahr neu erstellten Zeitsäu-len des HDAG, die als dreiteilige Wandelemente den Raum in zwei Hälften teilten. Die eine Seite war dem vordergründigen Schein gewidmet, während die Rückseite den grau-samen Realitäten und gesellschaftlichen Auswirkungen des Militarismus des 19. und 20. Jahrhunderts vorbehalten war. In dieser Konzeption kam die Ausstellungsüberschrift „Sein & Schein“ auch räumlich zum Tragen. 

 

Die einzelnen Ausstellungsschwerpunkte im Überblick
Zu vielen in der Ausstellung vorgestellten Objekten haben wir zusätzliche Informationen zusammengetragen, die wir nun in unser Archiv nehmen und so verfügbar erhalten. Die vorliegende Broschüre fasst die Ergebnisse unserer Recherchen und Rückmeldungen im Zuge der Ausstellung zusammen

 

1. Kriegsdevotionalien und der deutsche Militarismus
An zentraler Stelle in der Raummitte erstrahlten die Erinnerungsstücke an bewegende Zeiten in den Diensten für das Vaterland: Ein Bajonett, Soldbücher und Medaillen, wel-che die Ehrfurcht vor Vaterland und Kaiser, Standesbewusstsein sowie die eigene Tap-ferkeit im Kampf belegen. Das Buch „Soldatenzeit – Schöne Zeit“ mit Beschreibungen der verschiedenen Waffengattungen und ihrer Effizienz bekamen Absolventen der Grundausbildung im dritten Reich zur Erinnerung an die wohl prägendste Zeit ihres Er-wachsenwerdens geschenkt. Fotos belegen, wie gerne man sich voller Stolz in Uniform ablichten ließ, auch gerne im Kreise seiner Kameraden. Die Motive der Feldpost für die Daheimgebliebenen halten Durchhalteparolen und Siegesgewissheit bereit. 


2. Ein kriegerisches Zeitalter – Die Entwicklung des deutschen Militarismus
Zur Einordnung der Kriegsdevotionalien wurde ein Überblick über die Geschichte des Militarismus und der gesellschaftlichen Wahrnehmung von der Militärmonarchie Bran-denburg-Preußen im 18. Jahrhundert bis zum Militarismus als Massenbewegung 1871 bis 1945 gegeben.


3. Militarismus und Gesellschaft: Die Gesellschaft um 1900
Wie prägte der Militarismus um 1900 die Gesellschaft? Es wurden Themen beleuchtet wie Männlichkeitsbild, Soldatenstand, Sprache, Gesellschaftliche Ereignisse und Erziehung.

 

Die Kehrseite der Medaille: 


4. Spuren des militaristischen Zeitalters in Alfter
Gefallene Söhne, Väter, Ehemänner und Freunde: Anhand von Totenzetteln und ergän-zenden Quellen wird den gefallenen Alfterern, vielfach junge Erwachsene von nicht einmal 20 Jahren, ein Gesicht gegeben. Außerdem wurden Zwangsarbeit und die Kriegszerstörungen in Alfter thematisiert. 


5. Die grausame Realität: Die Materialschlachten und das Sterben an der Front im 1. Weltkrieg: Anhand von Film- und Bildbeiträgen wurde die Soldatenrealität an der Front dargestellt.


6. Die patriarchalische, gleichgeschaltete Gesellschaft und ihre Folgen
Das militaristische Zeitalter führte zu gesellschaftlichen Hierarchien und Ausgrenzun-gen. Das Leben von Frauen ist weitgehend von Rechtlosigkeit geprägt und auf das fami-liäre Umfeld beschränkt. Juden werden zunehmend ausgegrenzt und nonkonforme Au-ßenseiter gnadenlos verfolgt. 


Zwei weitere Zeitsäulen waren den zwei zentralen Alfterer Institutionen des kriegeri-schen Zeitalters gewidmet:
7. Kriegerdenkmal
Das Denkmal am Herrenwingert ist steingewordener Ausdruck des Widerspruchs zwi-schen Sein und Schein, zwischen Täuschung und Realität:
Gewidmet den Toten der Schlacht von 1870/71 wurde es im Juli 1914 enthüllt, zur glei-chen Zeit fand die Mobilmachung der Truppen gegen Frankreich statt. War es in Wirk-lichkeit ein Aufruf, den Helden der Vergangenheit nachzueifern? 


8. Die Kriegervereine in Alfter
Kriegervereine waren bis zum 2. Weltkrieg ein Massenphänomen im Deutschen Reich. Anhand des Protokollbuchs des „Kameradschaftlichen Kriegervereins e.V. Alfter“ – vor-mals „Allgemeiner Militärverein für Alfter und Umgebung“, das die Zeit von 1925 bis 1945 umfasst, wird Schein und Sein in ein anderes Licht gekehrt. Zwar sah sich der Verein dem ehrenhaften Soldatentum verpflichtet, aber die Niederschriften zeigen, dass es den Mitgliedern vielmehr um Gemeinschaft, Brauchtum und die Organisation von Feiern und Festen ging. 

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